
Christine Schneider MdEP: „Förderung und Schutz der biologischen Vielfalt gehen nur mit der Land- und Forstwirtschaft und den Bürgern Hand in Hand“
25.07.2023„Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die gesamte EVP-Fraktion die Ziele des Green Deals unterstützt. Wir als EVP-Fraktion haben durchgesetzt, dass mit dem EU-Emissionshandelssystem und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie die Grundpfeiler des Green Deals verabschiedet wurden. Bei dem Nature Restoration Law vertreten wir allerdings die Position, dass der von der Europäischen Kommission gewählte Ansatz der falsche Weg ist, weil er rückwärtsgewandt und ideologisch programmiert ist. Wir hätten uns einen praktikableren und in die Zukunft gerichteten Ansatz gewünscht, der die wachsende Weltbevölkerung, den Abbau seltener Rohstoffe, den Klimawandel und die Ernährungssicherheit sowie -bezahlbarkeit berücksichtigt. Uns liegen Studien vor, die belegen, dass der Vorschlag der Kommission zu einem Rückgang der land- und forstwirtschaftlichen Flächen führen würde und es somit zu Rückgängen in der Nahrungsmittelproduktion kommen würde. Aus einer Studie der Europäischen Kommission vom Januar 2023 geht zudem hervor, dass sich schon heute einkommensschwache Haushalte teilweise keine ausgewogene und gesunde Ernährung mehr leisten können. Fragwürdig ist auch das Verhältnis zum bestehenden Rechtsrahmen und zu zukünftigen Zielen der EU z.B. bei erneuerbaren Energien und kritischen Rohstoffen. In der Folgenabschätzung der Kommission heißt es, dass sich bereits 23 bestehende EU-Verordnungen mit der Wiederherstellung der Natur befassen. Das Verhältnis zu diesen anderen geltenden Gesetzen und zukünftigen Zielen ist völlig unklar. Deshalb wurde auch in den drei Ausschüssen des EP der Vorschlag der Kommission abgelehnt.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Förderung und der Schutz der biologischen Vielfalt nur mit der Land- und Forstwirtschaft und den Bürgern Hand in Hand gehen wird und mit anderen bestehenden Rechtsvorschriften vereinbar sein muss.
Deshalb haben wir bei der Abstimmung über die Position des Europäischen Parlaments zum Gesetz zur Wiederherstellung der Natur am 12. Juli gegen den Vorschlag der Kommission gestimmt.
Wir haben zwar in der Plenarabstimmung mit einer knappen Mehrheit von 12 Stimmen die Zurückweisung des Kommissionsvorschlags verloren, aber in der sich anschließenden Abstimmung über den Kommissionsvorschlag fanden viele von mir eingereichte wichtige Änderungsanträge die Mehrheit im Plenum und damit wurde der im EP verabschiedeten Text an wesentlichen Punkten deutlich verändert. Mein Ziel ist es, dass die von mir eingebrachten Änderungsanträge, in den anstehenden Trilog-Verhandlungen mit dem Rat Berücksichtigung finden.
Dabei geht es um folgende Punkte:
• Ernährungssicherheit, Energiewende und sozialer Wohnungsbau sind als übergeordnetes Ziel festgelegt
• Synergie und Kohärenz mit bestehender und anstehenden Gesetzen muss gewährleistet sein (gilt für u.a. erneuerbare Energien, Pflanzenschutzmittel, kritische Rohstoffe, Land- und Forstwirtschaft)
• Das Ursprungsziel der Kommission wird durch den angenommenen Ratstext leicht abgeändert. Zwar bleibt das Ziel bestehen, bis 2030 Renaturierungsmaßnahmen für mindestens 20 Prozent aller Land- und Meeresflächen in der EU einzuführen. Jedoch soll diese Quote nur auf Lebensräume angewendet werden, die sich nicht in einem „guten Zustand“ befinden. Zudem muss das Ziel nicht für jede Lebensraumgruppe einzeln erreicht werden, sondern für alle im Durchschnitt.
• Einführung einer Notfallbremse (wie beim ETS): regelmäßige Überprüfung der Renaturalisierungsmaßnahmen in Bezug auf Auswirkungen auf den Bausektor, insbesondere den Sozialwohnungssektor und die Einführung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien
• Finanzierung: Sicherstellung der Finanzierung ohne Mittel aus der GAP, der GFP oder anderen Finanzierungsströmen für Landwirtschaft und Fischerei
• Solide Datengrundlage: vor Anwendung der Verordnung sollen Daten über die Auswirkungen auf die Gewährleistung der Ernährungssicherheit, Daten über die Auswirkungen der Wiederherstellung auf die Nahrungsmittelproduktion, Daten über den Bedarf an Fläche für die konventionelle und ökologische Landwirtschaft, die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und die Lebensmittelpreise erhoben werden
• Kein verbindliches Verschlechterungsverbot: Die Mitgliedstaaten sollen sich bemühen sicherzustellen, dass die gesamte nationale Fläche in gutem Zustand und die Gesamtfläche der Lebensräume mit einer ausreichenden Qualität im Laufe der Zeit nicht wesentlich abnehmen. Gefordert war von der Kommission ein Verschlechterungsverbot, welches den Erhalt aller wiederhergestellten Flächen sowie Lebensräume gewisser Arten EU-weit vorschreibt
• Streichung der verpflichtenden Forstindikatoren stehendes und liegendes Totholz
• über einen Antrag der EKR wurde der gesamte Artikel zur Wiederherstellung landwirtschaftlicher Ökosysteme gestrichen, darunter auch Ziele für die Flächenstilllegung durch Landschaftsschutzelementen und die Wiedervernässung trockengelegter Torfmoore (das macht alleine in Deutschland 1,3 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche betroffen hätte)
Ich hoffe, dass am Ende der Verhandlungen ein Gesetz mit Maßnahmen auf dem Tisch liegt, dass gemeinsam mit allen Beteiligten, den Land- und Forstwirten, den Fischern und allen Bürgerinnen und Bürgern die Natur schützt und den Verlust der biologischen Vielfalt stoppt.“